Brauchen wir einen Konkubinatsvertrag?

Immer weniger Personen in der Schweiz heiraten. Stattdessen entscheiden sie sich, eine faktische Lebensgemeinschaft (Konkubinat) zu führen. Welche rechtlichen Folgen diese Entscheidung hat und wie Sie einander dennoch absichern können, erläutert dieser Beitrag.

Seit den 1990er-Jahren ist die Anzahl der in der Schweiz geschlossenen Ehen, gemessen an der Bevölkerungszahl, deutlich rückläufig (Quelle: Bundesamt für Statistik: Heiraten, Heiratshäufigkeit). Letztlich sind es stets individuelle Gründe, aus denen sich zwei Personen für oder gegen eine Heirat entscheiden. Bindungswille, Kinderwunsch, aber auch fremden- oder steuerrechtliche Überlegungen können dabei eine Rolle spielen. Diese Entwicklung widerspiegelt eine nachhaltige Veränderung in der Lebensplanung vieler Schweizerinnen und Schweizer. Man heiratet, wenn überhaupt, später und nach längerem Überlegen. Auch ältere Personen, die bereits geschieden oder verwitwet sind, gehen neue, informelle Beziehungen ein. Deshalb gewinnt das Konkubinat, d.h. das Zusammenleben zweier Personen in einer Beziehung unter einem Dach ohne Trauschein, stetig an Bedeutung. Daran dürfte auch die Einführung der «Ehe für alle» wenig ändern.

Wie stehen Konkubinatspartner rechtlich zueinander?

Das schweizerische Zivilrecht, besonders das Ehe- und Erbrecht, trägt dieser jüngeren Entwicklung allerdings kaum Rechnung. Der Begriff «Konkubinat» kommt im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) kein einziges Mal vor; nur in wenigen jüngeren Bestimmungen des Kindesrechts, namentlich über die Adoption, ist die Rede von der «faktischen Lebensgemeinschaft». Es fehlt also in aller Regel an gesetzlichen Bestimmungen über den Status von Konkubinatspartnerinnen und -partnern. Mangels gesetzlicher Grundlagen haben diese auch im Trennungs- oder Todesfall nur ausnahmsweise Ansprüche gegeneinander. Sie werden generell wie voneinander unabhängige Einzelpersonen behandelt.

Die Ausnahmen, in denen ein Konkubinat rechtliche Folgen hat, ergeben sich aus der Rechtsprechung der schweizerischen Gerichte. Da das Konkubinat in verschiedenen Erscheinungsformen auftritt, haben sich allgemeine Definitionskriterien herausgebildet. Die Definition des Konkubinats durch das Bundesgericht beruht auf zwei (früher drei) Elementen:

  1. Es handelt sich beim Konkubinat um eine langfristig angelegte, umfassende Lebensgemeinschaft zweier Personen.
  2. Diese Lebensgemeinschaft enthält eine geistig-seelische, eine körperliche und eine wirtschaftliche Komponente («Wohn-, Bett- und Tischgemeinschaft»). Fehlt die körperliche oder die wirtschaftliche Komponente, leben die beiden Partner aber trotzdem in einer gefestigten Beziehung, so kann dennoch eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegen.
  3. Die Partner waren nach alter Auffassung zwei Personen unterschiedlichen Geschlechts; dieses Kriterium ist inzwischen überholt.

Ob diese Kriterien erfüllt sind, beurteilen die Gerichte frei nach den Umständen des Einzelfalles. Nur, wenn alle Merkmale auf zwei Personen in einer Lebensgemeinschaft zutreffen, kann von einem Konkubinat die Rede sein. Weiter unterscheidet die Rechtsprechung zwischen qualifiziertem und einfachem Konkubinat. Ein qualifiziertes Konkubinat liegt typischerweise bei einer Beziehungsdauer von über fünf Jahren vor. Darunter wird von einem einfachen Konkubinat ausgegangen. Das qualifizierte Konkubinat liegt «näher» bei der Ehe oder einer formellen Partnerschaft.

Es gilt jedoch nach ständiger Rechtsprechung, dass weder einfache noch qualifizierte Konkubinatspartner zueinander Ansprüche aus Ehegüter- oder Erbrecht haben. Das bedeutet im Grundsatz, dass jeder Konkubinatspartner beim Ende der Beziehung alle Vermögenswerte, die er eingebracht oder währenddessen erworben hat, allein behält. Im Todesfall bilden sie seinen Nachlass, der an die nächsten Verwandten geht. Haben die Konkubinatspartner gemeinsames Eigentum erworben, so erfolgt die Auseinandersetzung nach den Bestimmungen über das Miteigentum.

Nur ausnahmsweise und punktuell werden dem Konkubinat Rechtswirkungen zuerkannt. Die rechtlichen Folgen eines Konkubinats leiten sich aus allgemeinen zivilrechtlichen Bestimmungen ab. Dazu gehört einmal, dass zwei Konkubinatspartner fallweise eine einfache Gesellschaft im Sinne des Obligationenrechts bilden können. Dies trifft zu, wenn sie mit gemeinsamen Mitteln gemeinsame Zwecke verfolgen, wie z.B. die Führung eines gemeinsamen Haushalts oder die Erziehung von Kindern. Auch kann ein qualifiziertes Konkubinat ausnahmsweise finanzielle Unterstützungspflichten nach sich ziehen, die jenen des (nach-)ehelichen Unterhalts ähnlich sind. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Konkubinatspartner seine berufliche Tätigkeit aufgegeben hat, um den anderen im Haushalt oder bei der Kindererziehung massgeblich zu unterstützen. In einem solchen Fall entspricht es der Billigkeit, dem Konkubinatspartner, der auf die Versorgung durch den anderen vertraut hat, auch ohne eherechtliche Grundlage einen Entschädigungs- oder Unterhaltsanspruch zuzuerkennen.

Da die Rechtsprechung aber stets nur Einzelfälle beurteilt, herrscht in vielen Bereichen Unsicherheit, wie Konkubinatspartner genau zueinander stehen. Deshalb empfiehlt es sich, Abmachungen über die Rechte und Pflichten sowie die Absicherung der Personen in einem Konkubinat zu treffen. Genau dazu dient der Konkubinatsvertrag.

Was ist ein Konkubinatsvertrag?

Beim Konkubinatsvertrag handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag zwischen den beiden Lebensgefährten. Dieser definiert die Bedingungen, zu denen das Zusammenleben erfolgen soll. Er schafft so einen Ausgleich zwischen verlässlicher Bindung und Unabhängigkeit voneinander. Im Gesetz ist er zwar nicht ausdrücklich geregelt, jedoch ist es möglich, von den gesetzlich vorgesehen Vertragstypen (z.B. Kauf, Leihe, Miete, Schenkung, Darlehen etc.) abzuweichen oder diese miteinander zu kombinieren.

Es gilt der Grundsatz der Formfreiheit: Ein Konkubinatsvertrag kann – anders als ein Ehevertragohne besondere Formerfordernisse abgeschlossen werden. Zur Gültigkeit eines Konkubinatsvertrags ist es daher nicht erforderlich, eine schriftliche Vereinbarung zu erstellen. Aus Beweisgründen sowie zur Vermeidung von Unklarheiten und Streitigkeiten wird dies aber dennoch sinnvoll und ratsam sein. Eine Sonderregel gilt, wenn auch erbvertragliche Regelungen getroffen werden sollen: Der Erbvertrag untersteht der Form der öffentlichen Urkunde. Zu seiner Gültigkeit muss er daher von einer Urkundsperson im Beisein von Zeugen öffentlich beurkundet werden.

Wann brauche ich einen Konkubinatsvertrag?

In Fällen, in denen eine enge Bindung zwischen den Konkubinatspartnern besteht, oder wo grössere Vermögensdispositionen für eine Lebensgemeinschaft getroffen werden, ist der Abschluss eines Konkubinatvertrages besonders empfehlenswert. Diese Fälle bergen ein hohes Konfliktpotential, welches ein Konkubinatsvertrag lindern kann.

Das gilt etwa für Investitionen in Wohneigentum oder in Fällen, in denen nur ein Konkubinatspartner offiziell Mieter einer Liegenschaft ist. Im Konkubinatsvertrag kann nicht nur festgelegt werden, in welchem Verhältnis die Kredit- oder Mietzinsen für die gemeinsame Wohnung bezahlt werden. Auch ist regelbar, wer im Trennungsfall ausziehen muss.

Ebenfalls lohnend kann ein Konkubinatsvertrag sein, um die Rollenverteilung zwischen unverheirateten Eltern zu regeln. Gerade wenn ein Elternteil zwecks Kindererziehung die Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise aufgibt, ist dies sinnvoll. So kann nämlich eine Unterhaltszahlung sowie ein frei zur Verfügung stehender Betrag abgemacht werden. Auch könnte ein Konkubinatsvertrag Bestimmungen über die Beziehung zu in die Beziehung mitgebrachten, nichtgemeinsamen Kindern enthalten (Obhutsberechtigung, Sorgepflichten etc.).

Ein drittes Beispiel betrifft die gemeinsame Tragung von laufenden Ausgaben sowie die Vermögensbildung. Oft möchten die Konkubinatspartner eine Lösung treffen, die sowohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit als auch die Bedürfnisse beider Seiten angemessen widerspiegelt. Um zu verhindern, dass ein Partner «draufzahlt», könnten Sie etwa vereinbaren, ein gemeinsames Bankkonto für (zum Voraus festgelegte) Haushaltskosten einzurichten. Darauf zahlen beide Konkubinatspartner dann regelmässig (monatlich) einen bestimmten Betrag ein. Gleiches gilt für Sparvorhaben, etwa betreffend Altersvorsorge, Urlaubsreisen oder grössere Anschaffungen. Hier könnte ein – allenfalls zweckgebundenes – Depot für gemeinsames Vermögen im Konkubinatsvertrag vorgesehen werden, während die Lebensgefährten über ihre übrigen Wertsachen unabhängig verfügen können.

Was sollte im Konkubinatsvertrag wie geregelt werden?

Was in einen Konkubinatsvertrag aufgenommen werden sollte, hängt von der individuellen Vermögens- und Lebenssituation sowie den Prioritäten der Lebensgefährten ab. Auch ist es im Grunde jederzeit möglich, den Vertrag aufzuheben oder abzuändern. Dafür ist lediglich die Einigung der beiden Parteien notwendig.

Generelle Eckpunkte, die Beachtung finden sollten, sind etwa die folgenden:

Wohnsituation und Hausrat: Die Konkubinatspartner können gemeinsam ein Inventar der Gegenstände anlegen, die jeder in den gemeinsamen Haushalt eingebracht hat. Dazu wird sowohl das bewegliche Vermögen als auch das Grundeigentum jedes Partners mit einer Bewertung erfasst. Ein solches Vorgehen setzt natürlich voraus, dass die Konkubinatspartner einander nach Treu und Glauben, wahrheitsgemäss und vollständig Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse geben. Existiert bereits gemeinsames Vermögen, sollte festgehalten werden, wer wieviel zum Erwerb beigetragen hat. Dies ermöglicht eine sinnvolle Bestimmung, wem im Fall der Auflösung was zusteht. Ebenso kann der Konkubinatsvertrag festlegen, wer nach der Trennung in der gemeinsamen Wohnung bleibt. Zudem sollten Kündigungsfristen, Übergangsregelungen und Entschädigungsfolgen für Investitionen in gemeinsam bewohnte Liegenschaften geregelt werden.

Finanzierung und Organisation des Haushalts: Einerseits sollte der Vertrag festhalten, welche Aufwendungen die Partnerinnen gemeinsam tragen. Andererseits auch, in welchem Verhältnis und/oder nach welchen Kriterien die laufenden Kosten verteilt werden. Natürlich ist es umgekehrt auch möglich, bestimmte Luxusausgaben, etwa Genussmittel oder Freizeitaktivitäten, ausdrücklich getrennt zu tragen. Auch eine Aufgabenteilung für die Haushaltsführung wie kochen, putzen oder Wäsche waschen kann in unterschiedlichem Detailgrad vorgesehen werden.

Bei Kindern im gemeinsamen Haushalt: Der Konkubinatsvertrag kann auch die elterlichen Rechte und Pflichten in einem gewissen Umfang regeln (Obsorge, Betreuungspflichten, Kindesunterhalt etc.). Dies allerdings immer nur soweit, wie kein zwingendes Gesetzesrecht entgegensteht. Vorrang hat in diesem Zusammenhang stets das Kindeswohl.

Absicherung bei Trennung, Pension oder im Todesfall: Ein Konkubinatsvertrag kann Abfindungen oder periodische Unterhaltsbeiträge festlegen, welche der finanziell stärkere Partner dem schwächeren nach einer Trennung zahlt. Ebenso kann er eine Maximaldauer für die Unterstützung vorsehen sowie auflösende Bedingungen, unter denen die Unterhaltspflicht erlischt.

Vorstellbar sind zudem Regelungen über die Abgeltung von Einbussen bei AHV/IV und beruflicher Vorsorge oder die gegenseitige Verpflichtung zum Abschluss einer Lebensversicherung zugunsten der Partnerin bzw. des Partners. Um die Versicherungs- und Vorsorgesituation beider Partner abzustimmen, empfiehlt es sich, die Möglichkeiten und Bedingungen einer gegenseitigen Begünstigung mit Versicherungen und Pensionskassen abzuklären. Oft ist es möglich, eine schriftliche Begünstigungserklärung zugunsten des Konkubinatspartners abzugeben.

Eine wichtige Rolle spielen auch erbrechtliche Überlegungen: Da Konkubinatspartner zueinander kein gesetzliches Erbrecht haben, kann ein gegenseitiger Erbeinsetzungs- oder Vermächtnisvertrag eine beidseitig verbindliche Lösung schaffen. Eine Regelung ist zwar auch mittels Testament möglich, diese kann aber jederzeit einseitig widerrufen werden und ist daher mit grösserer Unsicherheit behaftet. Immer zu beachten sind indessen die zwingenden Vorschriften des Erbrechts, insbesondere die Pflichtteile.

Auf der Website konkubinat.ch finden Sie Muster für Konkubinatsverträge in unterschiedlichen Konstellationen. In komplexeren Fällen empfehlen wir indessen, dass Sie sich für eine Beratung an eine Fachperson für Vermögens-, Familien- oder Erbrecht wenden. Gerne sind wir Ihnen unter support@deinadieu.ch oder +41 44 500 52 37 bei der Vermittlung behilflich.

Das Wichtigste in Kürze

  • Konkubinatspartner, d.h. Personen, die in einer Beziehung ohne Trauschein dauerhaft zusammenleben, haben zueinander prinzipiell keine ehe-, erb- oder sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche. Nur ausnahmsweise leitet die Rechtsprechung Rechte oder Pflichten aus dem allgemeinen Vermögensrecht ab.
  • Da mit einem ungeregelten Konkubinat erhebliche Rechtsunsicherheit verbunden ist, kann der Abschluss eines (schriftlichen) Konkubinatsvertrags ratsam sein. Er ist besonders dann zu empfehlen, wenn eine längere, gefestigte Beziehung, allenfalls mit Kindern oder gemeinsamen Vermögenswerten vorliegt.
  • Im Konkubinatsvertrag können diverse Aspekte des Zusammenlebens einvernehmlich geregelt werden. Typischerweise enthalten sind etwa Bestimmungen über die Wohnsituation, die Aufteilung von anfallenden Kosten oder die Aufgabenteilung im gemeinsamen  Haushalt. Schliesslich kann man einander im Trennungs- oder Todesfall sowie für die Pensionierung gegenseitig absichern. Ein Konkubinatsvertrag kann auch durch testamentarische oder erbvertragliche Anordnungen ergänzt werden.

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