„Hilfe, ich erbe Schulden!“ – Das Erbe ausschlagen

Manche Menschen leben auf grossem Fuss. Zu gross, wie sich nach deren Tod oft herausstellt. So erben die Nachkommen einen Schuldenberg. Wird dieser nicht rechtzeitig entdeckt und das Erbe ausgeschlagen, können die Erben in Teufels Küche geraten.

Die finanzielle Situation des Erblassers

Eine Erbschaft kann für viele Erben eine nicht unerhebliche finanzielle Stütze sein. Stirbt eine Person, so erben seine (gesetzlichen oder durch letztwillige Verfügung eingesetzten) Erben den Nachlass als Ganzes. Das heisst, sie erben mit dem Nachlass auch die Rechte und Pflichten des Erblassers, wie bspw. Schulden.

Mit dem Tod des Erblassers müssen Sie sich als Erbe oder Erbin dafür entscheiden, ob Sie die Erbschaft, welche Ihnen zugefallen ist, annehmen oder ausschlagen wollen. Denn wenn Sie sie annehmen, so nehmen Sie auch die Schattenseite – also die Schulden – auf sich. 

Was ist das öffentliche Inventar?

Um herauszufinden, wie die finanzielle Situation des Erblassers war, müssen Sie also den Wert des Nachlasses erkunden. Für komplexe Erbschaften sieht das Gesetz deshalb das öffentliche Inventar vor. Allerdings kann solch ein öffentliches Inventar mehrere tausend Franken kosten.

In solch komplexen Fällen kann man innerhalb eines Monats seit Kenntnis des Todes ein öffentliches Inventar beantragen. Die verantwortliche Behörde ist dann verpflichtet eine Auflistung aller Aktiven (Vermögenswerte des Erblassers wie bspw. Wertschriften, Bankguthaben, Liegenschaften) und Passiven (Schulden und andere Verpflichtungen) zu erstellen.

Bei offensichtlicher Überschuldung und amtlich festgestellter Zahlungsunfähigkeit des Erblassers wird vermutet, dass die Erben die Erbschaft ausschlagen. Wollen Sie in solch einem Fall das Erbe nicht ausschlagen, so müssen Sie die Erbschaft ausdrücklich annehmen.

Beachten Sie die Frist der Ausschlagung

Wie lange beträgt die Ausschlagungsfrist?

Für die Ausschlagung der Erbschaft haben Sie drei Monate Zeit. Je nach Art der Erbenstellung variiert der Start dieser Frist. Bei den gesetzlichen Erben (bspw. Ehegatte oder eingetragene*r Partner*in, Nachkommen etc.) beginnt diese Frist zu dem Zeitpunkt, an dem sie vom Ableben des Erblassers erfahren haben. Bei den eingesetzten (auch gewillkürten) Erben läuft die Frist mit der amtlichen Mitteilung, die sie über die Verfügung des Verstorbenen informiert. Während dieser Zeitspanne empfehlen wir Ihnen, sich über die finanzielle Lage des Erblassers zu erkundigen. So können Sie das Erbe mit gutem Gewissen annehmen oder eben ausschlagen.

Wenn ein Erbe oder eine Erbin innerhalb dieser Ausschlagungsfrist stirbt und die Erbschaft weder ausschlagen noch annehmen konnte, so dürfen seine Erben über die Ausschlagung entscheiden. In diesem Fall beginnt die neue Ausschlagungsfrist mit dem Zeitpunkt, in dem sie vom Ableben ihres eigenen Erblassers erfahren haben.

Bei Einmischung in die Erbschaftsangelegenheiten

Wenn Sie vor Ablauf der Ausschlagungsfrist die folgenden Handlungen vornehmen, so verwirken Sie Ihr Ausschlagungsrecht und müssen die Erbschaft annehmen:

  • Erbe oder Erbin hat sich in die Erbschaftsangelegenheiten eingemischt. 
  • Er oder sie hat Handlungen durchgeführt, welche nicht nur wegen der Erbschaftsverwaltung und dem weiteren Verlauf der Arbeiten des Verstorbenen nötig gewesen wären. 
  • Erbe oder Erbin hat Sachen der Erbschaft verheimlicht oder sogar sich angeeignet.

Wenn die Frist nicht ausreicht

Sollte Ihnen die Ausschlagungsfrist aus einem bestimmten Grund nicht ausreichen, können Sie bei der zuständigen Behörde eine Fristverlängerung beantragen. Bei diesem Grund muss es sich allerdings um einen wichtigen Grund handeln. In den oben genannten Fällen, die zur Annahme der Erbschaft führen, ist allerdings eine Fristverlängerung nicht möglich.

Haben Sie die Ausschlagung nicht innerhalb dieser dreimonatigen Frist erklärt, so bedeutet das, dass Sie die Erbschaft ohne Vorbehalte angenommen haben. 

Wie Sie die Ausschlagung erklären müssen

Der Erbe oder die Erbin muss bei der zuständigen Stelle mündlich oder schriftlich erklären, dass er die Erbschaft ausschlägt. (Im Kanton Zürich ist das Bezirksgericht, wo der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte, zuständig. Im Kanton Bern ist das jeweilige Regierungsstatthalteramt für die Ausschlagungen zuständig. Das Erbschaftsamt ist im Kanton Basel-Stadt die zuständige Stelle.) Informieren Sie sich darüber, welche Behörde in Ihrem Fall für die Ausschlagung zuständig ist. Dies können Sie in der Regeln mit einer einfachen und kurzen Internetrecherche herausfinden. Weiter variiert das Vorgehen der Ausschlagung von Kanton zu Kanton. Manche Kantone bieten auf Ihrer Homepage ein Formular an, welches Sie ausfüllen können.

Ihre Erklärung zur Ausschlagung der Erbschaft muss auf jeden Fall ohne Bedingungen und vorbehaltlos geschehen. Die zuständige Stelle wird weiter über die Ausschlagung ein Protokoll führen. 

Was sind die Folgen der Ausschlagung?

Wenn ein oder mehrere gesetzliche Erben die Erbschaft ausschlagen, wird die Situation so behandelt, als hätte der Erbe den Erbgang nie erlebt. Die Nachkommen des Erben haben dann die Möglichkeit, das Erbe anzutreten. Dafür haben diese wiederum drei Monate Zeit. Schlägt ein, schlagen sämtliche eingesetzte Erben die Erbschaft aus, so sieht es anders aus: Dann werden die gesetzlichen Erben nachberufen. Wenn alle gesetzliche Erben ausschlagen, wird die Erbschaft vom Konkursamt liquidiert. Der verbleibende Überschuss wird anschliessend an den Erben, die zuvor ausgeschlagen haben, überlassen.

Wenn der Ehegatte keine Erbenposition hat, weil er enterbt wurde oder die Nutzniessung erhalten hat, und die konkurrierenden Nachkommen des Erblassers ausschlagen, teilt ihm die Behörde diesen Umstand mit. Der Ehegatte kann dann die Erbschaft innerhalb eines Monats annehmen. 

Schlagen Sie als Erbe die Erbschaft aus, so hat der Vermächtnisnehmer keinen persönlichen Anspruch gegen Sie. Denn Sie besitzen die Erbschaft und damit den Vermächtnisgegenstand nicht und können diesen dem Vermächtnisnehmer nicht händigen. 

Für Sie ist ebenfalls wichtig zu wissen: Diese Regeln zur Ausschlagung sind freiwillig (also dispositiv). Mittels letztwilliger Verfügung können Sie von diesen Bestimmungen abweichen, wenn Sie dies wollen.

Wann haften die ausschlagenden Erben trotzdem?

In gewissen Fällen müssen die Erben, welche die Erbschaft ausgeschlagen haben, trotzdem für die Gläubigerforderungen des Erblassers haften. Haben die Erben die Erbschaft eines zahlungsunfähigen Erblassers ausgeschlagen, so haften diese, insoweit sie fünf Jahre vor dem Tod des Erblassers von ihm Vermögenswerte erhalten haben. Bis zum Betrag der Vermögenswerte, die bei Annahme der Erbschaft der Ausgleichung unterworfen gewesen wären, haften also die ausschlagenden Erben trotzdem. Diese Regelung soll dazu dienen, die Gläubiger des Erblassers zu schützen.

Was zu tun ist bei einer Ausschlagung

  • Wenn Sie eine Erbschaft erhalten haben, sollten Sie sich über den Wert dieses Nachlasses gut informieren.
  • Vergewissern Sie sich darüber, was die Vermögenswerte und die Verpflichtungen des Nachlasses sind. Sollten Sie Zweifel haben, so beantragen Sie ein öffentliches Inventar.
  • Passen Sie auf, dass Sie die Ausschlagungsfrist nicht verpassen.
  • Überlegen Sie sich beim Verfassen Ihrer letztwilligen Verfügung, ob Sie von den Ausschlagungsregeln abweichen wollen.

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Eine Antwort auf „„Hilfe, ich erbe Schulden!“ – Das Erbe ausschlagen“

Petra Reineke sagt:

Sandra Jürgens

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