Das Steuerinventar der Erbschaft

Die kantonalen Steuerbehörden müssen zur Erhebung der Erbschaftssteuern das Nachlassvermögen ermitteln. Dazu erstellen sie ein Steuerinventar. Dabei fordern sie häufig die Erben zur Mitwirkung auf. Worauf müssen Sie achten, um kostspielige Probleme zu vermeiden?

Was ist das Steuerinventar?

Basis für die Bestimmung der Erbschaftssteuern

Das Steuerinventar ist nur eine von mehreren Arten des Inventars, die nach einem Ablebensfall erstellt werden können. Es ist insbesondere abzugrenzen vom öffentlichen Inventar, das die Erben beantragen können, um einen Überblick über die Vermögenswerte und die Schulden, die ihnen der Erblasser hinterlässt, zu erhalten. Auf dessen Grundlage können sie die Erbschaft mit beschränkter oder unbeschränkter Haftung annehmen, ausschlagen, oder die amtliche Liquidation verlangen.

Wie kann man das Erbschaftsvermögen schützen?

Dem Schutz des Erbschaftsvermögens dient das sogenannte Sicherungsinventar. Dieses soll die Interessen von minderjährigen, abwesenden oder verbeiständeten Erben sowie Nacherben sichern. Jeder Erbe sowie die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) können das Sicherungsinventar verlangen, wenn sie befürchten, dass Vermögenssubstanz widerrechtlich dem Erbgang entzogen wird. Das Sicherungsinventar untersteht wie das Steuerinventar dem kantonalen Recht, das weitere Fälle der Inventarisierungspflicht vorsehen kann.

Wann wird ein Steuerinventar erstellt?

Das Steuerinventar wird weder auf Anregung der Erben noch einer Vormundschaftsbehörde angeordnet, sondern von Amtes wegen durch die kantonalen Steuerbehörden am letzten Erblasserwohnsitz verlangt. Aus Effizienzgründen machen diese aber nicht in jedem Fall davon Gebrauch, sondern nur wenn voraussichtlich eine Erbschaftssteuerpflicht vorliegt. Auf das Inventar kann u.a. verzichtet werden, wenn die notwendigen Informationen bereits anderweitig vorliegen (bspw. aus einem öffentlichen oder einem Sicherungsinventar ersichtlich sind) oder das Erbschaftsvermögen aufgrund seines geringen Wertes oder der Person des Empfängers offensichtlich keiner Steuerpflicht unterliegt. Die Steuerbehörden können öffentliche bzw. Sicherungsinventare einsehen und nötigenfalls ergänzen.

Wie läuft die Inventarisierung ab? Ein Beispiel

Zuständigkeit, Verfahren und Pflichten der Parteien variieren und ergeben sich aus den jeweiligen kantonalen Steuergesetzen. Nachfolgend ein Überblick über die Regelungen im Kanton Zürich, die sich im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ESchG) sowie dem Steuergesetz (StG) finden. Die konkrete Durchführung richtet sich nach dem Kreisschreiben der Finanzdirektion an die Inventarbehörden über die Inventarisation in Todesfällen (Kreisschreiben).

Die Inventarbehörde des Gemeindesteueramts nimmt am letzten Erblasserwohnsitz innert zweier Wochen nach dessen Ableben, über das sie vom Zivilstands- oder Bestattungsamt Kenntnis erlangt, ein Steuerinventar auf. Dies geschieht für gewöhnlich im schriftlichen, ausnahmsweise im mündlichen Verfahren. Die Inventarisation kann in gewissen Fällen wegfallen.

Die Behörde muss sämtliche am Todestag bestehenden Vermögenswerte und steuerrelevanten Tatsachen des Erblassers bzw. des zusammenlebenden Ehegatten und der minderjährigen Kinder in das Erbschaftsinventar aufnehmen.

Diese Angaben umfassen insbesondere folgende:

  • die Personalien der verstorbenen Person, einschliesslich Geburts- und Todesdatum, Sterbe-, Wohn- und Heimatort; die Personalien des Ehegatten und der unter elterlicher Sorge stehenden Kinder;
  • das Datum der Eheschliessung bzw. des Eintrags der Partnerschaft sowie der Güterstand;
  • der Name des Gemeindevertreters;
  • die Personalien der Personen, die bei der Inventaraufnahme anwesend sind;
  • Angaben über sonstige Erben und Vermächtnisnehmer, über Vorempfänge und Schenkungen sowie über letztwillige Verfügungen und Erbverträge;
  • das Vermögensverzeichnis einschliesslich der Schulden und gegebenenfalls der güterrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen der verstorbenen Person;
  • das Nachlassvermögen des Verstorbenen mit Einschluss von Vermögen, an dem Dritten die Nutzniessung zusteht;
  • durch den Todesfall begründete Versicherungsansprüche;
  • das allenfalls vom Erblasser bis zum Todestag unversteuerte Einkommen und Vermögen.

Was müssen die Erben dabei tun?

Die Erben und ihre gesetzlichen oder testamentarischen Vertreter sind insofern zur Mitwirkung am Inventar verpflichtet, als dass sie der Inventarbehörde über sämtliche steuerrelevanten Verhältnisse wahrheitsgemäss Auskunft erteilen müssen. Weiter müssen sie der Behörde Einsicht in alle wesentlichen Bücher, Urkunden, Ausweise und Aufzeichnungen sowie Räumlichkeiten und Behältnisse gewähren. Nichtinventarisierte Gegenstände sind der Behörde innert zehn Tagen nach ihrer Entdeckung zu deklarieren. Auch Dritte, die Beziehungen finanzieller Natur zum Erblasser unterhielten, sind zur Auskunft darüber verpflichtet. Dies betrifft bspw. Gläubiger und Schuldner, Treuhänder, Vermögensverwalter oder Banken, aber auch Arbeitgeber, Versicherungen, Geschäftspartner oder Mitgesellschafter. Das Inventar wird von der Finanzdirektion überprüft und gegebenenfalls korrigiert.

Was geschieht, wenn Sie Ihren Pflichten nicht nachkommen?

Versäumen die obengenannten Personen ihre Verfahrenspflichten oder kann die Bemessungsgrundlage mangels zuverlässiger Unterlagen nicht genau ermittelt werden, so nehmen die Steuerbehörden eine Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen vor. Dabei werden die steuerbaren Vermögenswerte auf Basis der verfügbaren Daten (bspw. Registereinträge, öffentliche Urkunden oder vergangene Steuererklärungen des Erblassers) geschätzt und besteuert.

Bei verschuldeter Verfahrenspflichtverletzung der Steuerpflichtigen können Bussen von bis zu CHF 10’000, bei Steuerhinterziehung sogar darüber hinausgehende Strafen drohen (§ 234 ff. StG). Die Erben haften solidarisch für die Steuerschulden des Erblassers, insbesondere solche auf für von diesem nicht korrekt deklariertem Einkommen oder Vermögen. Die straflose Selbstanzeige bleibt allerdings vorbehalten (§ 235 Abs. 3 StG).

Wie wird der Nachlass bewertet und inventarisiert?

Massgebliches Datum für die Bewertung der Aktiven und Passiven des Nachlassvermögens ist im Normalfall der Todestag des Erblassers.

Liegenschaften werden für gewöhnlich ausgehend vom Verkehrswert bzw. bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken vom Ertragswert zum amtlich geschätzten Steuerwert inventarisiert. Geschäftsvermögen und Anteile an Personengesellschaften werden anhand ihrer Buchwerte zuzüglich stiller Reserven bewertet. Bargeld, Edelmetalle, Wertschriften und weitere Kapitalanlagen werden gezählt und mit dem Verkehrswert bzw. Kurswert angegeben, Versicherungspolicen mit der Höhe der fällig werdenden Leistung (Rückkaufswert). Übrige Vermögensgegenstände wie Kunstgegenstände, Sammlungen aller Art, Antiquitäten, Schmuck, Boote etc., die nicht bereits erfasst wurden und den Betrag von CHF 10’000 übersteigen, sind ebenfalls aufzuführen. Gegebenenfalls ist deren Wert per Gutachten festzustellen. Hausrat und persönliche Gebrauchsgegenstände brauchen nicht deklariert zu werden.

Die Schulden sind aufgrund von Belegen nach ihrem Bestand am Todestag auszuweisen. Anzugeben sind Art der Schuld, Name und Adresse des Gläubigers, Zinssatz und Schuldbetrag sowie allfällige für die Schulden geleistete Sicherheiten.

Beachten Sie folgendes

  • Als Erbe oder Vermächtnisnehmerin müssen Sie das Steuerinventar nicht beantragen. Die zuständige kantonale Steuerbehörde wird das Steuerinventar von Amtes wegen erstellen.
  • Als Erbe oder Erbin sind Sie zur Mitwirkung am Inventar verpflichtet. Verletzen Sie Ihre Verhaltenspflicht, so kann eine Busse drohen.
  • Achten Sie stets darauf, dass Sie Ihre Steuern korrekt deklarieren, da in Fällen von Widerhandlungen rechtliche Konsequenzen drohen können.

Die kantonalen bzw. kommunalen Steuerbehörden veranlagen die Erbschaftssteuer aufgrund eines eigens aufzunehmenden Steuerinventars oder ergänzen bereits vorhandene Erbschaftsinventare. Zuständigkeit und Verfahren richten sich nach der kantonalen Steuergesetzgebung. Die Erben und bestimmte Dritte sind zur Mitwirkung bei der Inventarisation verpflichtet und können für Versäumnisse gebüsst werden. Aktiven und Passiven im Nachlass werden, abhängig von ihrer Natur, mit dem Steuerwert (berechnet auf Grundlage von Verkehrs-, Ertrags-, Buch- oder Schätzwert) in das Steuerinventar aufgenommen.

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