Das Wichtigste in Kürze
- Bei Auslandschweizer:innen wird der Nachlass grundsätzlich nicht über die Schweiz abgewickelt.
- Auslandschweizer:innen können ihren Nachlass aber dem Schweizer Recht und der Schweizer Zuständigkeit unterstellen.
- Ein Testament ist formgültig, wenn es den Vorschriften nach Schweizer Recht oder den Vorschriften des Wohnsitzstaates entspricht.
- Eine Rechts- und Zuständigkeitswahl zugunsten der Schweiz hat keinen Einfluss auf die Erbschaftssteuer.
Welches Land ist für meinen Nachlass zuständig?
Zur Beantwortung dieser Frage muss zwischen zwei Aspekten unterschieden werden. Zum einen geht es darum, welche Behörden und Gerichte zuständig sind. So regelt z.B. jedes Land selbst, welche Behörde in welchen Fällen zuständig ist. Zum anderen geht es um die Frage, welches Recht anwendbar ist. Die erbrechtlichen Vorschriften unterscheiden sich je nach Land, z.B. hinsichtlich der Höhe des Pflichtteils.
In der Schweiz wird sowohl für die Zuständigkeit als auch für das anwendbare Recht an den letzten Wohnsitz der Erblasserin angeknüpft. Ausnahmen gelten für ausländische Grundstücke. Andere Länder stellen jedoch nicht auf den Wohnsitz ab, sondern z.B. auf die Staatsangehörigkeit oder den gewöhnlichen Aufenthalt. Die Schweiz und viele andere Staaten versuchen, diese Zuständigkeiten durch verschiedene Abkommen zu koordinieren. Welches Recht anwendbar ist und welche Behörde sich für zuständig erklärt, ist also vom jeweiligen Land und den entsprechenden Abkommen mit der Schweiz abhängig. In Bezug auf das Verhältnis Schweiz – EU können Sie sich grundsätzlich Folgendes merken: Es gilt das Erbrecht des Landes, in dem Sie zuletzt Ihren Lebensmittelpunkt hatten.
Beispiel:
Frau Müller ist Schweizerin. Sie wohnt bereits seit einigen Jahren in Portugal. Frau Müller fragt sich, welche Pflichtteile sie bei der Errichtung ihres Testaments berücksichtigen muss. Auf den Nachlass von Frau Müller findet portugiesisches Recht Anwendung. Um zu erfahren, welche Pflichtteilsansprüche bestehen, muss sich Frau Müller an Fachleute in Portugal wenden. Dasselbe gilt auch für die Hinterbliebenen von Frau Müller. Wenn diese z.B. wissen wollen, wie sie das Erbe von Frau Müller ausschlagen können, sollten sie ebenfalls portugiesische Fachleute kontaktieren.
Beispiel:
Herr Müller ist Deutscher. Er ist vor einigen Jahren mit seiner Familie in die Schweiz gezogen. Für seinen Nachlass sind die Schweizer Behörden zuständig, die Schweizer Recht anwenden.
Was muss ich tun, damit das Schweizer Erbrecht gilt?
Wie Sie gesehen haben, sind bei Auslandschweizer:innen in der Regel die ausländischen Behörden zuständig und es gelangt deren jeweiliges Recht zur Anwendung. Einige Auslandschweizer:innen haben jedoch den Wunsch, dass ihr Nachlass über die Schweiz abgewickelt wird. Es gibt die Möglichkeit, in Ihrem Testament oder Erbvertrag eine Rechts- oder Zuständigkeitswahl zugunsten der Schweiz vorzusehen. Eine solche Regelung gilt so lange, bis Sie diese ändern oder ersetzen. Personen, die im Ausland leben, sollten zudem Folgendes beachten: Eine Schweizer Zuständigkeit und Schweizer Recht können Sie nur wählen, wenn Sie die Schweizer Staatsangehörigkeit besitzen. Wenn Sie im Zeitpunkt des Todes nicht mehr Schweizer Bürger:in sind, fällt die Zuständigkeits- und Rechtswahl dahin.
Beispiel:
Marc ist Schweizer. Er lebt seit einiger Zeit in Deutschland. Marc hat die Möglichkeit, seinen Nachlass entweder der Zuständigkeit der schweizerischen oder der deutschen Behörden zu unterstellen. Dazu muss er jedoch eine ausdrückliche Zuständigkeitswahl zugunsten der Schweiz treffen. Marc kann dies z.B. in seinem Testament festlegen. Die schweizerischen Behörden wenden dann von sich aus Schweizer Recht an. Es sei denn, Marc hat die Anwendung deutschen Rechts, aber die Zuständigkeit schweizerischer Behörden angeordnet. Falls er gar nichts regelt, sind die deutschen Behörden zuständig, die deutsches Recht anwenden.
Anforderungen an das Testament
Die Voraussetzungen, die ein Testament erfüllen muss, sind in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt. So muss z.B. in der Schweiz das Testament von Anfang bis Ende von Hand verfasst, unterzeichnet und datiert sein. Im Gegensatz dazu wird z.B. in Österreich die Angabe von Ort und Datum zwar empfohlen, aber nicht zwingend vorgeschrieben. Welche Anforderungen an das Testament gelten nun in Ihrem Fall?
Es gibt ein internationales Übereinkommen, das die Anforderungen an die Formgültigkeit eines Testaments regelt. Die Schweiz ist ein Vertragsstaat dieses Abkommens. Deshalb ist ein Testament unter anderem formgültig, wenn es dem Schweizer Recht (Heimatstaat) oder dem Recht des Wohnsitzstaates entspricht.
Beispiel:
Bei einer in Österreich lebenden Schweizerin ist das Testament formgültig, wenn es den Anforderungen des schweizerischen oder österreichischen Rechts genügt.
Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen
Sie haben nun erfahren, dass grundsätzlich eine Wahl der Heimatzuständigkeit zugunsten der Schweiz möglich ist. Dies bedeutet aber nicht automatisch, dass wenn ein Schweizer Gericht etwas entscheidet, dieser Entscheid auch von den Behörden im Ausland umgesetzt wird. Dies ist z.B. dann relevant, wenn sich Gegenstände im Ausland befinden und Sie auf die Mithilfe ausländischer Behörden angewiesen sind. Daher ist eine Abklärung sinnvoll, ob ein allfälliges Schweizer Urteil auch im Ausland durchsetzbar ist. Für das Gebiet der Europäischen Union ist dies in der Regel der Fall.
Hat eine Rechtswahl Auswirkungen auf die Erbschaftssteuern?
In der Schweiz knüpft die Erbschaftssteuer an den letzten Wohnsitz des Erblassers an (Achtung: anders bei Grundstücken). Wenn also eine Erblasserin ihren letzten Wohnsitz im Ausland hatte, fällt in der Regel in der Schweiz keine Erbschaftssteuer an. Dies unter der Voraussetzung, dass sich kein Grundstück in der Schweiz befindet. Die Unterstellung Ihres Nachlasses unter Schweizer Recht ändert daran nichts. Eine Rechtswahl zugunsten des Schweizer Recht hat somit keine Auswirkungen auf die Erbschaftssteuer.
An wen kann ich mich wenden, wenn ich weitere Fragen habe?
Erbrechtliche Angelegenheiten mit Auslandsbezug werfen bei den Betroffenen viele Fragen auf. Je nach Komplexität kann eine Beratung sinnvoll sein. Gerne machen wir Sie auf unsere kostenlose Erstberatung aufmerksam. Unsere erfahrenen Anwältinnen und Anwälte geben Ihnen eine Einschätzung, ob eine weitergehende Beratung sinnvoll ist. Haben Sie Fragen zum Erbrecht in Ihrem Wohnsitzstaat? In diesem Fall empfehlen wir Ihnen, sich direkt an eine Fachperson in diesem Land zu wenden.