Wann wird aus einer Erbengemeinschaft eine einfache Gesellschaft?

Die Erbengemeinschaft ist eine vorübergehende Gemeinschaft zur Verwaltung des Nachlasses. Soll die Erbengemeinschaft aber z.B. ein Grundstück langfristig verwalten, kann eine Umwandlung in eine einfache Gesellschaft erfolgen. Was das bedeutet, erfahren Sie hier.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Erbengemeinschaft ist darauf ausgelegt, den Nachlass vorübergehend gemeinsam zu verwalten.
  • Die Erben können eine einfache Gesellschaft bilden, um den gesamten Nachlass oder einzelne Vermögenswerte langfristig gemeinsam zu verwalten.
  • Die Umwandlung in eine einfache Gesellschaft kann auch erfolgen, ohne dass die Erben dies explizit erklären oder vertraglich vereinbaren.
  • Die Folgen der Umwandlung sind vielseitig: Sie reichen von anderen Regeln für die Beschlussfassung bis hin zu steuerlichen Folgen für Grundstücke.

Hinterlässt der Erblasser mehr als einen Erben, bilden die Erben eine Erbengemeinschaft. Das Ziel der Erbengemeinschaft ist das Aufteilen des Nachlasses und damit die Auflösung der Erbengemeinschaft. Neben der Teilung des Nachlasses gibt es aber auch andere Gründe, wann eine Erbengemeinschaft aufgelöst wird. Einer davon ist die Umwandlung in eine einfache Gesellschaft.

Was ist eine einfache Gesellschaft?

Eine einfache Gesellschaft ist eine Art Partnerschaft zwischen mindestens zwei Personen (eine sog. Personengesellschaft). Es handelt sich um eine unkomplizierte Form der Zusammenarbeit. So kann die einfache Gesellschaft ohne schriftlichen Vertrag entstehen. In einer einfachen Gesellschaft arbeiten die Personen (sog. Gesellschafter:innen) zusammen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen oder eine bestimmte Tätigkeit auszuüben. Sie teilen die Kosten, Gewinne und Verluste zu gleichen Teilen, sofern sie keine andere Abmachung getroffen haben.

Wann und wieso wird eine Erbengemeinschaft umgewandelt?

Die Erbengemeinschaft ist darauf ausgelegt, dass sie in naher Zukunft wieder aufgelöst wird. Der Nachlass kann aber auch Vermögenswerte umfassen, welche die Erben weiterhin zusammen verwalten und unterhalten wollen. Ein klassisches Beispiel sind Immobilien. In diesem Fall können die Erben beschliessen, dass sie den Nachlass nicht (vollständig) teilen und stattdessen eine einfache Gesellschaft bilden. Die Erbengemeinschaft wird bei der Umwandlung in eine einfache Gesellschaft jedoch nicht in jedem Fall aufgelöst. Sie wird nur aufgelöst, wenn der gesamte Nachlass in die einfache Gesellschaft übergeht oder die Erben den restlichen Nachlass aufteilen. Ist dies nicht der Fall, bleibt die Erbengemeinschaft neben der einfachen Gesellschaft bestehen.

Beispiel 1

Die Kinder Marco und Lea sind die einzigen Erben der Erblasserin Maria. Im Nachlass befinden sich ein Ferienhaus, Bargeld, Uhren und ein Auto. Marco und Lea möchten den Nachlass rasch teilen, damit Lea über das Auto und Marco über die Uhren verfügen kann. Beim Ferienhaus sind sich die beiden einig, dass sie dieses auch in Zukunft gemeinsam verwalten und nutzen wollen. Daher beschliessen sie, in Bezug auf das Ferienhaus eine einfache Gesellschaft zu bilden. Das Bargeld, die Uhren und das Auto hingegen, teilen sie auf. Mit der Teilung des Nachlasses und der Bildung einer einfachen Gesellschaft wird die Erbengemeinschaft aufgelöst.

Im obigen Beispiel sind sich die Erben bewusst, dass sie die Erbengemeinschaft auflösen und nun durch die einfache Gesellschaft verbunden sind. Es gibt aber auch Fälle, in denen die Erben den Zusammenschluss zu einer einfachen Gesellschaft nicht aktiv beschliessen. Denn eine einfache Gesellschaft kann sich auch aus dem Verhalten der Erben ergeben. Für die Gründung einer einfachen Gesellschaft ist weder ein schriftlicher Vertrag noch das «Aussprechen», eine einfache Gesellschaft gründen zu wollen, erforderlich. Daher ist es wichtig, sich bewusst zu sein, dass eine Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft auch aufgrund des gemeinsam geprägten Verhaltens stattfinden kann.

Was sind die Folgen der Umwandlung in eine einfache Gesellschaft?

Führt die Umwandlung in eine einfache Gesellschaft zur Auflösung der Erbengemeinschaft, so hat dies u.a. die Beendigung des Mandats des Willensvollstreckers zur Folge. Auch ist bei einer einfachen Gesellschaft eine Erbteilungsklage nicht weiter möglich. Dies bedeutet, dass ein Erbe nicht mittels Erbteilungsklage die Teilung des Vermögens der einfachen Gesellschaft herbeiführen kann.

Hingegen besteht bei der einfachen Gesellschaft die Möglichkeit, unter Einhaltung der Kündigungsfrist aus der Gesellschaft auszutreten. Durch die Kündigung wird die einfache Gesellschaft aufgelöst.

Neben der Kündigung gibt es weitere Gründe, die zur Auflösung der einfachen Gesellschaft führen. So z.B. wenn ein Erbe stirbt oder der Zweck der einfachen Gesellschaft erreicht ist. Ein Beispiel für die Zweckerreichung: Die Erben gründen eine einfache Gesellschaft, um gemeinsam ein Ferienhaus zu renovieren und anschliessend zu verkaufen (Zweck der einfachen Gesellschaft). Verkaufen die Erben das Ferienhaus, ist der Zweck erreicht und die einfache Gesellschaft aufgelöst.

In einer Erbengemeinschaft treffen die Erben Entscheidungen einstimmig, sofern sie nichts anderes vereinbaren. Auch in einer einfachen Gesellschaft können die Erben abmachen, wie Entscheide zu fassen sind. Ein Erbe kann jedoch die täglichen oder gewöhnlichen Entscheidungen für die einfache Gesellschaft selbstständig treffen, wenn sie keine anderslautenden Vereinbarungen treffen. Für wichtige Entscheidungen, wie grössere Investitionen, ist jedoch wie bei der Erbengemeinschaft Einstimmigkeit aller Erben erforderlich.

Ein weiterer Unterschied ergibt sich, wenn es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommt. So ist bei einer Erbengemeinschaft das Gericht am letzten Wohnsitz des Erblassers zuständig. Bei einer einfachen Gesellschaft ist dies grundsätzlich das Gericht am Ort der beklagten Person.

Ist die Umwandlung mit steuerlichen Konsequenzen verbunden?

Neben den bereits erwähnten Punkten sind auch die steuerlichen Folgen zu beachten. Dies gilt vor allem dann, wenn Grundstücke von der Umwandlung betroffen sind. Bei der Erbteilung werden in der Regel die Grundstückgewinnsteuer, die Einkommenssteuer und die Handänderungssteuer aufgeschoben.

Das bedeutet, dass die Überführung eines Grundstücks von der Erbengemeinschaft in das Alleineigentum eines Erben diese Steuern (noch) nicht auslöst (siehe Beispiel 1). Erst der Verkauf des Grundstücks löst die genannten Steuern aus. Wenn nun eine Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft umgewandelt wird, werden die Steuern ebenfalls vorerst aufgeschoben. Die Übertragung des Grundstücks von der Erbengemeinschaft auf die einfache Gesellschaft löst diese Steuern vorerst nicht aus. Diese Steuern können jedoch bei einer späteren Übertragung des Grundstücks auf einen Erben (oder einen Dritten) anfallen (siehe Beispiel 2).

Beispiel 2 – ohne Umwandlung in eine einfache Gesellschaft

Im Nachlass von Thomas befinden sich ein Haus und Bargeld. Die Erben Raphael und Loris einigen sich darauf, dass Loris das Haus bekommen soll. Loris muss bei diesem Vorhaben nicht befürchten, dass Grundstückgewinnsteuern, die Handänderungssteuern und die Liegenschaftssteuern anfallen. Diese Steuern werden bei der Teilung aufgeschoben. Erst wenn Loris das Haus verkaufen würde, können diese Steuern, wie auch bei sonstigen Hausverkäufen, anfallen.

Beispiel 3 – Umwandlung in eine einfache Gesellschaft

Im Nachlass von Thomas befinden sich ein Haus und Bargeld. Die Erben Raphael und Loris vereinbaren, dass sie das Haus in Form einer einfachen Gesellschaft halten. Die Umwandlung der Erbengemeinschaft in eine einfache Gesellschaft löst keine Steuern aus. Nach einiger Zeit stellt Raphael fest, dass er das Haus kaum nutzt. Deshalb beschliessen die beiden, dass Loris das Haus erhalten soll. Die Übertragung des Hauses an Loris löst im Gegensatz zum vorherigen Beispiel Steuern aus.

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