Ist eine digitale Beurkundung möglich?

Vom technologischen Wandel bleiben auch die im Rechts- und Geschäftsverkehr verwendeten Medien und Kommunikationsformen nicht unberührt. Die Frage, inwieweit einer digitalen Beurkundung bindende Wirkung zukommen kann, spielt daher bereits heute eine wichtige Rolle. Wir erklären Ihnen, was zulässig ist und was es für Sie bedeutet.

Digitale Beurkundung im Überblick

  • In der Schweiz ist eine rein elektronische Durchführung der öffentlichen Beurkundung nicht möglich.
  • Öffentliche Urkunden wie Patientenverfügung oder Testament können digital hinterlegt werden (Testamentenregister des Notarenverbands).
  • Die öffentliche Urkunde muss aber stets auch auf Papier zu erstellt und unterzeichnet sein.

Öffentliche Beurkundung: Grundsätze 

Die öffentliche Beurkundung ist ein hoheitlicher Akt durch gesetzlich befugte Urkundspersonen (bspw. ein Notar), der im Festhalten von Willenserklärungen oder Tatsachen in einem Schriftstück besteht. Diesem Schriftstück als «öffentlicher Urkunde» kommt im Rechtsverkehr eine erhöhte Beweiskraft zu. Bestimmte Rechtsgeschäfte bedürfen zu ihrer Gültigkeit zwingend der öffentlichen Beurkundung, bei anderen ist sie freiwillig möglich.

Im Schweizerischen Zivilgesetzbuch sind lediglich Grundlagen zur öffentlichen Beurkundung geregelt. Daher kommt den Kantonen eine wichtige Rolle zu: Sie bestimmen grundsätzlich, «in welcher Weise auf ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung hergestellt wird» (Art. 55 Abs. 1 SchlT ZGB).

Dabei wird grundsätzlich die schriftliche Form vorausgesetzt, sodass eine öffentliche Urkunde zu Papier gebracht werden muss. Sie ist dann von den Parteien und Urkundspersonen in einem besonderen Verfahren zu unterzeichnen. Eine nach dem Recht ihres Ursprungskantons gültig errichtete öffentliche Urkunde wird schweizweit anerkannt. Für die weltweite Anerkennung sind verschiedene völkerrechtliche Übereinkommen massgeblich.

Elektronische Beglaubigung & Ausfertigung

Seit 2012 ist die elektronische Ausfertigung von gültig errichteten öffentlichen Urkunden und die elektronische Beglaubigung möglich (Art. 55a Abs. 1 und 2 SchlT ZGB). Die Urschrift bedarf zu ihrer Gültigkeit jedoch nach wie vor der Papierform.

Die Urkundsperson muss von Bundesrechts wegen eine qualifizierte elektronische Signatur verwenden, damit die Authentizität der Urkunde gewährleistet ist. Urkundspersonen können sich dabei im Schweizerischen Urkundspersonenregister eintragen lassen und das Zertifikat für elektronische Beurkundungen und Beglaubigungen erhalten. Unter diesen Voraussetzungen hat die elektronische öffentliche Urkunde die gleichen rechtlichen Wirkungen wie eine schriftliche Ausfertigung.

Das Angebot elektronischer Beurkundungsdienstleistungen ist bislang fakultativ. Seine Einführung liegt im Ermessen der Kantone. Viele davon, darunter Zürich und St. Gallen haben von der Ermächtigung Gebrauch gemacht und die elektronische Beurkundung näher geregelt. Mit dem Anfang 2019 in Vernehmlassung gegangenen Vorentwurf zu einem Bundesgesetz über die Erstellung elektronischer öffentlicher Urkunden und elektronischer Beglaubigungen (EÖBG) soll jedoch ein Paradigmenwechsel eintreten: «Das Original einer öffentlichen Urkunde soll künftig in elektronischer Form erstellt werden. Die elektronischen Dokumente sollen weiter in einem neu zu schaffenden nationalen Urkundenregister sicher aufbewahrt werden» (Bundesamt für Justiz). Die Vernehmlassungsfrist endete am 8. Mai 2019; ein Inkrafttretenstermin steht noch nicht fest.

Weitere digitale Urkunden in der Schweiz

Bis dato ist in der Schweiz also keine rein elektronische Durchführung der öffentlichen Beurkundung möglich. Es gibt einen «Medienbruch», da die Urschrift einer öffentlichen Urkunde auf Papier zu erstellen und zu unterzeichnen ist. Dies könnte sich aber bereits in näherer Zukunft mit der Revision des Beurkundungsrechts ändern.

Die Digitalisierung beschränkt sich nicht auf das öffentliche Beurkundungswesen. Auch andere Willenserklärungen oder Rechtsgeschäfte werden zunehmend elektronisch dokumentiert. Häufig handelt es sich dabei um eine teilweise Digitalisierung, bei der ein schriftliches Original mit EDV-Methoden registriert und hinterlegt wird.

Beispiele dafür sind der digitale Vermerk über eine Patientenverfügung auf der Versichtertenkarte oder das vom Schweizerischen Notarenverband geführte Zentrale Testamentenregister. Sie dienen gegenwärtig vor allem dazu, die Auffindbarkeit der eigentlichen Urkunden besser zu gewährleisten. Ob die Einführung der elektronischen öffentlichen Beurkundung auch für andere Formen der Willenserklärung relevante Neuerungen mit sich bringt, wird sich noch zeigen.

Immer mehr geschäftliche, aber auch private Transaktionen laufen heute (rein) digital ab. Auch im elektronischen Rechtsverkehr muss die Authentizität von Urkunden und Schriftstücken gewährleistet sein. Die Kantone können daher Urkundspersonen ermächtigen, Urkunden im Einklang mit den Vorgaben des Bundes in elektronischer Form auszufertigen und zu beglaubigen. Ein schweizweites elektronisches Beurkundungsverfahren könnte die Arbeit von Behörden erleichtern, Kosten senken und den digitalen Geschäftsverkehr effizienter gestalten. Es geht jedoch auch mit Sicherheits- und Datenschutzrisiken einher, sodass vor seiner möglichen Einführung noch zahlreiche Vorbereitungen, einschliesslich Folgenabschätzungen, erforderlich sein werden.

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