«Ohne gespendete Lunge wäre ich tot»

Ivan Skrbecs zweiter Geburtstag ist der 15. Dezember 2010. Ein Mittwoch. Damals fand Swisstransplant für ihn eine passende Spenderlunge.

Er ist leicht ausser Atem der junge Mann mit dem Dreitagebart. Seine Backen sind rot, auf der Stirn glänzt etwas Schweiss. Ivan Skrbec hat sich beeilt, er war bei «seinem» Arzt am Zürcher Universitätsspital. «Wir besprachen letzte Details wegen meiner Reise nach Argentinien zum sechswöchigen Sprachaufenthalt und danach die verlängerte Rückkehr via Los Angeles in die Schweiz.»

Ivan Skrbec muss solche Pläne nicht mit einem Reisespezialisten besprechen, sondern mit seinem Lungenarzt. Mit PD Dr. med. Christian Benden. «Ja, er war es, der mir riet, ich solle doch nach Argentinien reisen, um Spanisch zu lernen. Dort sei die Infrastruktur des Gesundheitssystems top und in Buenos Aires hätte es ein Universitätspital mit Lungenfachärzten.»

Lungentransplantation: Vor fünf Jahren ein neues Organ

Ivan Skrbec ist im Notfall auf solche Spezialisten angewiesen. Vor fünf Jahren erhielt er eine neue Lunge. «Mein zweiter Geburtstag ist der 15. Dezember 2010. Ein Mittwoch. Damals fand Swisstransplant für mich eine passende Spenderlunge.

Die Operation dauerte ungefähr acht Stunden. Dass es eine Weltpremiere war, erfuhr Ivan erst später. Prof. Dr. med. Walter Weder, Leiter der Thoraxchirurgie am Zürcher Unispital, teilte die grosse Spenderlunge und konnte so zwei todkranken Empfängern ein neues Leben schenken. Ivan Skrbec musste fünf Wochen im Spital bleiben. Die Intensivstation aber konnte er nach fünf Tagen verlassen. «Das war ein grosses Weihnachtsgeschenk», sagt der junge Mann.

Ivan Skrbec möchte Arzt werden

Und es geht ihm gut, dem Ivan. Die Matura hat er im Sack, jetzt lockt das Medizinstudium. Deshalb absolvierte er im vergangenen Jahr ein Praktikum auf der Unfallchirurgie am Zürcher Unispital. «Da war ich stark mit dem Leben und mit dem Sterben konfrontiert. Und es tat mir gut, einmal auf der anderen Seite des Gangs zu stehen. Einmal nicht der Kranke sein, sondern einer der helfen kann.»

Wenns um die eigene Gesundheit geht, ist Ivan sein bester Fachmann. «Ich habe immer alles dabei: Desinfektionsmittel, Medikamente etc. Vergässe ich ein Medikament, würde ich ein Eigengoal schiessen.» Ivan muss täglich viele Medikamente schlucken, darf nie eines vergessen und muss sich vor Bakterien und Krankheitserregern in Acht nehmen. «Ich darf keine Infektion machen. Trotzdem kann ich heute aktiv leben, früher war ich zur Passivität verurteilt.»

Hat er denn keine Angst, so ohne Mundschutz in Zürich Tram, Bus oder S-Bahn zu fahren, mit all den niesenden und hustenden Fahrgästen? «Nein, nein», sagt er und lacht. «Ich kann die Huster unterscheiden. Höre schon auf 30 Meter Entfernung, ob jemand Raucher ist oder eine Grippe mit sich trägt.»

Bei einer Infektion beginnt der Krieg

Und was, wenn sich trotzdem einmal ein Bakterium, ein Virus einnistet und das filigrane Gleichgewicht des Immunsystems stört? «Dann beginnt ein gnadenloser Krieg. PD Dr. med. Christian Benden und sein Team würden mich perfekt betreuen, ich erhielte beispielsweise eine intravenöse Antibiotikakur.»

Es war eine Organspende, die Ivans Leben rettete. Es verstarb jemand, der seine grosse Lunge und seine anderen Organe spendete. Ivan weiss natürlich nicht, wers war. «Aber ich bin dieser Person unendlich dankbar. Ich danke seinen Angehörigen, die schlussendlich diesen Entscheid fällten. Einen Entscheid, den ich auch fällen würde. «Meine Organe würde ich auch spenden.»

Und zum Schluss lässt Ivan Skrbec durchblicken, dass er weder die Politiker versteht, die letztes Jahr die Widerspruchslösung bachab schickten, noch hat er wenig Verständnis für Menschen, die ihre gesunden Organe kremieren lassen oder erdbestatten. «Mir rettete ein gespendetes Organ das Leben.»

Text: Martin Schuppli

Ein Interview  mit Dr. Franz Immer zu Organspenden und Transplantationen lesen Sie hier.

Organspende: Am 5. März 2015 lehnte der Nationalrat die Widerspruchslösung ab

Heute müssen Organspender einen Ausweis auf sich tragen und/oder die Angehörigen müssen einer Entnahme zustimmen. Bei einer Widerspruchslösung müsste sich eine Person oder ihre Angehörigen explizit gegen eine Entnahme aussprechen. Die Mehrheit der Politiker sowie der Bundesrat standen von Anfang an hinter dem Grundsatz, dass ein möglicher Organspender oder seine Angehörigen ausdrücklich die Zustimmung zur Organentnahme geben müssen. Die Befürworter der Widerspruchslösung argumentierten, dass mit einer solchen Regelung Leben gerettet werden könnten. Man appellierte an die Solidarität – und daran, dass jeder womöglich einmal auf ein gespendetes Organ angewiesen sein könnte.

5 Antworten auf „«Ohne gespendete Lunge wäre ich tot»“

Martin Schuppli sagt:

Herzlicher Gruss nach Argentinien. Und erklär den Zika-Mücke den gnadenlosen Krieg.

Kerstin Schlagenhauf sagt:

oh, ich wünsche ivan eine wundervolle, erlebnisreiche zeit in argentinien.

Martin Schuppli sagt:

Die wird er haben, der Ivan ist ein kluger Kopf und weiss, was er will: Gesund bleiben.

Kerstin Schlagenhauf sagt:

und ich drücke ihm auf alle fälle meine däumchen?

Martin Schuppli sagt:

Sie sind einfach ein Schatz. Meine Daumen hat er auch.

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